Humus – ein Wissensdschungel

Humus Teil I: Definition und Humusarten

05.12.2023

Schwarzerde mit hohem Humusanteil
Humus ist ein sehr wertvoller Bodenbestandteil und für die Fruchtbarkeit entscheidend. Foto: Lisa Fotios | Pexels

Das Thema Humus ist erstaunlich komplex. Bei meinen Recherchen fiel mir auf, dass viele Quellen die kausalen Zusammenhänge unvollständig oder für mich unlogisch darstellten. Als ich mich dann mit der Primärliteratur, also den Forschungsergebnissen beschäftigte, wurde mir klar, dass einige Aspekte der Humusentstehung noch gar nicht vollständig erforscht und verstanden worden sind. Jedoch verwendet man häufig die Begriffe „Humus“ oder „humos“, ohne sich im Detail über deren Bedeutung bewusst zu sein. In mehreren Artikeln versuche ich, die verschiedenen Begriffe und Prozesse einzuordnen, werde aber auch auf Unklarheiten und Widersprüche hinweisen.

Definition von Humus

Meist wird Humus als die Gesamtheit der organischen Substanz im Boden bezeichnet. Diese abgestorbene, organische Substanz besteht aus allem, was mal gelebt hat: pflanzliche Bestandteile wie Blätter, Nadeln, Rinde, Samen, Früchte, aber auch tote Tiere, Mikroben und Exkremente. Aber bereits hier gehen die Definitionen auseinander: Teilweise wird differenziert, dass Humus erst aus der zersetzten organischen Substanz gebildet wird. Vor der Zersetzung würde man von 'Detritus' sprechen. Auffallend ist, dass im deutschsprachigen Raum der Begriff Detritus deutlich seltener benutzt wird als im anglo-amerikanischen.

Zersetzung der organischen Substanz durch das Edaphon

Konsens ist, dass die organische Substanz durch verschiedene Bodenlebewesen, das sogenannte Edaphon, zersetzt wird. In der anglo-amerikanischen Literatur taucht der Begriff Edaphon fast nicht auf, stattdessen stolperte ich öfters über Detrivore, also Organismen, welche sich von Detritus ernähren. Sind Detrivore und Edaphon also Synonyme? Zu diesem Zeitpunkt kann ich die Frage nicht abschließend beantworten, aber ich werde ein Update geben. Zurück zum Edaphon: Das Edaphon besteht aus verschiedensten Lebewesen, z.B. Würmern, Käfer oder Larven, aber auch Pilzen und Mikroorganismen, die man nicht mit bloßem Auge sehen kann. Sie fressen und verdauen die organische Substanz und sorgen dafür, dass sie verkleinert, verarbeitet und in tiefere Bodenschichten transportiert wird. Die Ausscheidungen der Bodenlebewesen wiederum liefern neue Nahrung für weitere, kleine Mikroorganismen und Pilze. Die Zersetzung er organischen Substanz wird in zwei Prozesse unterschieden: die Mineralisierung und die Humifizierung.

Mineralisierung zu Nährhumus

Bei der Mineralisierung wird die organische Substanz über mehrere Instanzen immer weiter verdaut und zersetzt, bis die darin enthalten Mineralstoffe vollständig freigesetzt sind. Auch der vorher organisch gebundene Kohlenstoff wird als CO2 freigesetzt. Das Ergebnis aus diesem Prozess wird oft auch als Nährhumus bezeichnet, weil die Nährstoffe nun anorganisch vorliegen und damit für Pflanzen verfügbar sind. Allerdings können sie ohne Dauerhumus auch schnell wieder durch Niederschläge ausgewaschen werden. Damit eine Mineralisation stattfindet, müssen die Umgebungsbedingungen des Bodens gewisse Anforderungen für das Edaphon erfüllen (siehe unten).

Humifizierung zu Dauerhumus

Im Gegensatz zum Nährhumus steht der sogenannte Dauerhumus oder stabiler Humus. Er entsteht durch einen anderen Prozess der Zersetzung, welche Humifizierung genannt wird. Die Humifizierung ist noch nicht vollständig entschlüsselt und aktueller Bestand der wissenschaftlichen Diskussion. Wenn man im Netz querliest, wird man viele unterschiedliche Erklärungen finden, die sich teilweise gegenseitig widersprechen. Zunächst: Was ist Dauerhumus? Als Dauerhumus gilt ein Boden von sehr dunkler, fast schwarzer Farbe und einer krümeligen Struktur. Es ist die Bodenstruktur mit deren Eigenschaften, welche den Dauerhumus so wertvoll macht: Sie bildet große Poren, also Hohlräume, in denen entweder Luft oder Wasser gespeichert werden kann. Dies führt zu einer optimalen Belüftung und Wasserspeicherung bei gleichzeitig guter Durchlässigkeit des Bodens. Weiterhin besitzt Dauerhumus eine hohe Kationenaustauschkapazität und kann - einfach erklärt - Nährstoffe wie z.B. Natrium binden und ein Auswaschen durch Regen verhindern, es Pflanzen jedoch bei Bedarf als Nährstoff zur Verfügung stellen. Weiterhin ist Dauerhumus, der sogenannte ‚Ton-Humus-Komplexe‘ gebildet hat, in seiner Krümelstruktur stabil und lässt sich nicht so leicht durch schweres Gerät wie Traktoren verdichten. Allerdings sind viele Mineral- oder Nährstoffe noch im Dauerhumus gebunden und nicht verfügbar.

Vereinfacht ausgedrückt: Mineralisierung macht Nährstoffe verfügbar, Humifizierung macht sie „speicherbar“ und verbessert die Bodeneigenschaften. Beide Prozesse erhöhen damit maßgeblich die Fruchtbarkeit des Bodens, nur auf andere Art. Es ist daher einleuchtend, dass beide Prozess immer gleichzeitig auftreten sollten.

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